Sir Branoth von Loradel

von Henning Möller

Ich hob meine mächtige Klinge zu dem letzten Hieb gegen meinen einstigen Freund, der Hochverrat an der ganzen Welt verübte, weil er der Gier nach Macht nicht widerstehen konnte. Er hob zum letzten Male sein Schild vor seinen Körper, doch ich schlug daran vorbei und fügte ihm die letzte Wunde seines Lebens zu. Früher, bevor ihn die böse Seite bekehrt hatte, wäre so etwas nie geschehen...

Ich bin vor 21 Jahren in einer wunderschönen Burg nahe der Stadt Glücksland geboren. Meine Eltern sind beide adliger Abstammung und besitzen eine Grafschaft, die sie über alles auf der Welt lieben. In ihr gibt es ein paar Wälder, in denen man, wenn man lange und mit Ausdauer sucht, sogar ein paar Feenkobolde entdecken kann.

 Im Alter von 6 Jahren begann ich meine Ausbildung. Mein Vater war immer dafür, daß ich später einmal ein Gelehrter werden sollte. Also begann ich, Bücher zu lesen und viel über die Welt zu erfahren. Doch am meisten interessierten ich mich in den Büchern die vielen Wappen, welche die verschiedenen Orden und Königreiche zu erkennen gaben. Ihre Vielfalt und das Einfallsreichtum überraschten mich immer wieder. Zum Beispiel gab es Wappen mit gekreuzten Klingen oder einem Drachen drauf, manchmal aber auch einfach nur mit einer Rose. Ich sollte natürlich nicht nur die Wappen angucken, und wenn mein Vater hereinkam, tat ich immer so, als würde ich die Berichte über die verschiedenen Ereignisse vergangener Tage lesen.

 Ich lernte selbstverständlich auch, wie man sich unter der feinen Gesellschaft benimmt und was die Edelleute anzieht, ich wurde von beiden Elternteilen zu einem vornehmen Mann erzogen.

An meinem 10. Geburtstag fragte mich meine Mutter, ob es mir Spaß bringe, ständig nur am Tisch zu sitzen und in dicken Wälzern zu lesen. Sie sagte, daß sie sich sonst um eine Ausbildung in der Waffenkunst für mich kümmern würde. Ich freute mich unendlich und war vollkommen begeistert davon, später einmal, wie ein echter Krieger in die Schlacht zu reiten. Ich stellte mir vor, wie ich neben meinen besten Freunden gegen einen Drachen kämpfte und mein Schwert gegen die fast undurchdringlichen Schuppen schmetterte. Doch plötzlich paßte mir etwas nicht in den Traum: Ich ging von dem Drachen weg und sprach einen Zauber, der meine Gefährten stärkte und meinen Feind schwächte. Mir fiel besonders das Symbol eines guten Gottes, welches sich auf einem Amulett befand, auf. Es war das Symbol von Torm, dem Tapferen. Im Unterbewußtsein hörte ich meinen Namen, der von meiner Mutter gerufen wurde. „B r a n o t h....., Branoth“. Der Ruf wurde deutlicher.

 „Ja...., was ist,.... Mutter?“

 „Du träumst ja. Du warst eben gar nicht anzusprechen. Also, wie lautet deine Antwort?“

 „Ja, ..., selbstverständlich möchte ich.“

 Stirnrunzelnd fragte sie: „Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst so abweisend.“

 Ich schüttelte die letzten Auswirkungen von dem Traum ab und sagte, daß ich soeben einen komischen Traum hatte, der jedoch jetzt verflogen sei.

 „Dann ist ja alles gut. Übrigens, ich werde dein Meister sein. Von nun an werde ich jeden Tag vier Stunden mit dir das Kämpfen lernen. Es wird eine sehr harte Zeit für dich, doch irgendwann wirst du mir dankbar sein, daß deine Ausbildung so intensiv war, denn sie wird dir sicher nicht nur einmal das Leben retten...

 

Am nächsten Tag gingen Queneshai, meine Mutter, und ich zu dem besten Schmied der Stadt und ließen eine Sonderanfertigung von einem Bastardschwert in meiner Größe anfertigen. Gunthor, der Zwergenschmied, sagte, daß das Schwert in etwa 2 Wochen fertig sein würde.

 Meine Mutter brachte mir bis dahin die Anfänge des Schwertkampfes mit Holzimitationen bei. Meine Mutter sagte mir, daß man dem Gegner niemals die Möglichkeit geben darf, bei einem selbst einen Treffer zu landen, denn wenn man erst einmal einen heftigen Treffer eingesteckt hätte, wäre man meistens nicht mehr dazu fähig, einen Gegner zu besiegen. Man solle nicht einmal seine Deckung vernachlässigen, wenn man glaubt, daß man selber einen Schlag anbringen kann, es sei denn, es ist absolut sicher ,daß der Feind einen nicht trifft.

 „Du mußt immer erst den Gegner in den ersten Kampfsekunden einzuschätzen versuchen, denn häufig spielen deine Feinde mit dir, indem sie einige Finten anwenden, um dich aus der Reserve zu locken. Du sollst dann auf die Finte hereinfallen und sie überlisten dich in einem geschickten Zug und töten dich mit nur einem einzigen Hieb. Merke dir meine Worte gut; sie werden dir irgendwann einmal das Leben retten.“

 Später an meinem ersten Trainingstag ging ich nach oben in meinen Flügel, um schlafen zu gehen. Als ich im Bett lag und über Heldengeschichten vergangener Tage las, versank ich wieder in das Reich der Träume...

Ich träumte von einem Kampf mit einem bösen Priester, der in purpurne Roben gekleidet war. Ich trug einen blauen Umhang und führte fast perfekt mein Schwert. Mit geschickten Streichen verwundete ich ihn wieder und wieder und forderte ihn zur Aufgabe auf, doch er erhob sein Schwert und griff mich wieder an. Das Gesicht des Mannes oder der Frau konnte ich nicht erkennen, es war zu verschwommen... Doch eines konnte ich wieder sehr deutlich erkennen: Das Symbol Torms...

 Wieder erwachte ich vollkommen orientierungslos und mußte mich erst daran erinnern, daß ich soeben einen Traum hatte. Doch normalerweise hat man solche Träume im Schlaf... Kurz darauf verfiel ich in einen unruhigen Schlaf...

 

Nach zwei Wochen ging ich mit Queneshai zu Gunthor, um das Schwert abzuholen. Es glänzte in der Morgensonne und war sogar noch etwas warm, als ich es zum ersten Male mit meinen noch so kleinen Händen schwang.

 „Ich habe extra die ganze Nacht an dem Schwert geschmiedet, damit ihr es heute schon habt“, sagte er zu mir.

 „Ich bin äußerst erfreut über eure freundliche Arbeit. Es ist ein vorzügliches Schwert. In 2 Jahren kommen wir ganz bestimmt wieder zu euch, um ein größeres Schwert zu kaufen“, sagte ich zu dem Schmied.

 

Während diesen 2 Jahren und in den folgenden lernte ich sehr viel über den Schwertkampf, ich wurde immer besser, meine Kraft und meine Ausdauer wuchs. Meine Mutter war eine hervorragende Kämpferin und Lehrmeisterin, die viel Geduld hatte, aber auch mal ein Machtwort sprechen konnte.

 Ich lernte, daß Fußarbeit wichtiger als Handarbeit war, da man die Füße zum Ausweichen, sowie zum Erreichen einer guten Kampfposition brauchte.

 Während dieser Jahre bekam ich immer wieder Visionen, und es waren Visionen, wie ich nach dem 6. Traum herausfand, von Geschehnissen in meinem späteren Leben. In all diesen Visionen sah ich alles verschwommen, bis auf das Symbol Torms. Also beschloß ich, daß, wenn ich meine Ausbildung als Kämpfer abgeschlossen hatte, zu dem nächsten Tormtempel nach Bastant zu ziehen.

 

Ich war an meinem 16. Geburtstag offiziell mit meinem Unterricht in der Schwertkunst fertig. Ich habe seit dem Beginn dieser Zeit mit nichts anderem als zweihändigen Schwertern gekämpft, und so suchte ich mir ein Bastardschwert aus, welches bei dem Schmied Gunthor im Laden stand. Dies war das Geschenk meiner Eltern zu diesem Geburtstag, was mich überraschte, da Vater nie sehr einverstanden mit der Schwertausbildung war.

 Später an diesem Tag sagte ich zu meinen Eltern, daß ich im nächsten Monat nach Bastant aufbrechen würde, um endlich zu erfahren, was es mit meinen seltsamen Träumen auf sich hat. Ich sagte ihnen, daß ich seit einem halben Jahr fast wöchentlich Visionen habe, die mich als Tormpriester darstellen. Ich mußte wissen, was das bedeutete...

 

An dem Tag meiner Abreise gab mir mein Vater ein wunderschönes Schild mit auf den Weg, welches das Wappen meiner Familie auf der Vorderseite eingraviert hatte. Er sagte, daß dieses Schild eine magische Aura ausstrahle, doch wisse er nicht, was es mit ihr auf sich hatte. Ich war ihm sehr dankbar dafür und versprach es in Ehre zu halten. Meine Mutter gab mir ein Kettenhemd mit auf den Weg, welches sie eigens für mich hat schmieden lassen. Auch dafür war ich sehr dankbar und ich versprach ihr, daß ich alles, was sie mich gelehrt hat, im Kampf, sowie im Leben anzuwenden.

 „Das letzte, was nun noch zu einem Adligen gehört, ist ein schönes Pferd“, sagten meine Eltern. „Eigentlich solltest Du es ja erst später bekommen, doch da es jetzt brauchst, geben wir es Dir halt jetzt.“ Mutter machte mit Vater zusammen die Stalltür auf. Ich starrte ein sehr großes Pferd, bei dem man, so schien es mir, alle Muskeln einzeln aus dem Körper heraussprießen sah, an.

 „Es wurde für dich allein gezüchtet und für den Kampf ausgebildet. Es ist sehr schnell und wendig. Ihr werdet gut zueinander passen“, sagte meine Mutter. Ich sattelte das Pferd, meine Mutter hat mir all dies beigebracht, und ritt  nach einer kurzen, aber herzlichen Verabschiedung los, nicht ohne zu versprechen, daß ich sie so oft es mir paßt, sie zu besuchen.

 So ritt ich also in die endlose weite Weohna’s hinaus, vielen, vielen Abenteuern entgegen. Nach einigen Stunden des Reitens und des Denkens spürte ich auf einmal eine kurze Kältewelle durch meinen Körper ziehen. Mir war dieses Gefühl ziemlich unheimlich und so stieg ich von meinem Pferd ab und achtete auf meine nähere Umgebung. Ich hörte ein dumpfes Aufschlagen auf dem Boden, der anfing zu vibrieren. Ich drehte mich um und sah ein etwa 3m großes Geschöpf vor mir, aus dessen Haut die Muskeln 40cm dick herausdrückten. Ich erkannte das Monster, es war ein Oger, aus vielen Helden- und Gruselgeschichten. Deshalb glaubte ich es ihm auch auf’s Wort, als er sagte: „ Du wirscht mirr ‘n tooles Mittagessen schmecken.“ Na ja, dachte ich, für ihre Schlauheit waren die Oger noch nie bekannt.

 Doch ich hatte keine Zeit, über solche Dinge nachzudenken, schließlich war ich noch vollkommen unerfahren im Kampf und hatte bisher auch nur Übungskämpfe miterlebt. Dieses Monster war meine erste, echte Herausforderung in meinem neuen Lebensabschnitt. Eigentlich sollten unerfahrene Kämpfer in solch einem Moment Furcht verspüren, doch in mir ging nichts dergleichen vor, im Gegenteil, ich freute mich auf die Probe und ich wollte sehen, was mir meine Ausbildung eingebracht hat.

 Der Oger stürmte mit einem solchen Schrei auf mich zu, daß es mir so vorkam, als wollte er meine Ohren zum platzen bringen. Ich ließ mich nicht beeindrucken und stellte mich dem Oger. Er hob seine riesige Keule und schwang sie nach mir. Er war nicht darauf gefaßt, daß ich mit meinem verhältnismäßig kleinen Schwert seiner Keule etwas entgegenzusetzen hatte. Mit einer geschickten Bewegung wich ich dem Baumstamm, so kam es mir vor, aus. Die „Waffe“ schlug heftig auf den Weg auf und deren Kopf splitterte auseinander. Seine Waffe war nicht mehr so wirksam, doch unterschätzte ich meinen Gegner keinesfalls. Er ließ mir keine Zeit zum schlagen, so daß ich mich wieder auf meine Verteidigung konzentrieren mußte. Er war diesmal nicht mehr ganz so dumm und schwang seine Keule in einem weiten Bogen um sich herum. Ich hatte keine andere Wahl, als es auf eine direkte Konfrontation mit seiner Keule und meinem Schwert kommen zu lassen. Nun wollten wir doch einmal sehen, wie gut Gunthor in Wirklichkeit schmieden konnte. Die beiden Waffen prallten gegeneinander. Ich hörte nur noch das zerbarsten seiner Keule und fühlte eine schreckliche Taubheit in meinen Armen.

 Der Oger lachte. „Mein Fausten werden Dir aug töhten“, rief er mit donnernder Stimme. Ich nahm das Schild, welches mir Vater schenkte, und ging auf den Oger zu, der gerade dabei war, mit seiner kopfgroßen Faust auszuholen, um mir den Schädel zu zerschmettern. Ich hob meinen Schild und die Faust schlug mit einem lauten Krachen gegen ihn. Diesmal verspürte ich keinerlei Taubheit in meinen Händen, der Schild hatte den Schlag abgefangen und seine Kraft um einiges verlangsamt. Und ich merkte noch etwas: Man konnte diesen Schild sehr viel leichter führen als andere Schilde, sonst hätte ich vielleicht meinen Kopf nicht rechtzeitig vor diesem Schlag schützen können.

 Der Oger taumelte mit seiner anscheinend betäubten Hand zurück und starrte ungläubig auf den nicht einmal verbeulten Schild. Nun war ich an der Reihe, die Initiative zu ergreifen. Ich wollte seine empfindliche Zone (seine übergroßen Genitalien) treffen, mit einem Faustschlag, weil sie mir am besten dazu geeignet schienen, um viel Schaden anzurichten. Also schlug ich mit aller Kraft zu, doch ich hatte nie geahnt, daß der Oger derartige Schmerzen erleiden würde. Er zuckte am ganzen Körper und schüttelte sich ganz komisch, als von meiner Hand auf seinen Körper blaue Energien hinüberzuckten. Als seine Krämpfe vorüber waren, roch es auf diesem Feld nach verbranntem Fleisch. Ich konnte mir dies alles zu diesem Zeitpunkt nicht erklären. Was waren es für komische Energien, die den Oger überfielen? Warum hatte ich kein Gefühl der Angst verspürt, als der Oger mein Schwert zur Seite schlug und ich ihm ganz ungeschützt und ohne Waffe gegenüberstand? Alle diese Fragen sollten sich später, während meiner Zeit der Erleuchtung, erklären.

 Der Oger hatte zumindest keine Lust mehr auf das Kämpfen, denn er konnte kaum noch gehen und wurde immer noch von vereinzelten Schüttelkrämpfen heimgesucht, die ihm das Leben schwer machten. Ich jedoch wollte ihn nicht ziehen lassen, denn nun war er mir ausgeliefert, nun war ich der Furchteinflößende. Ich sammelte mein Schwert auf und rannte ihm hinterher. Wieder spürte ich diese mysteriöse Kälte meinen Körper herunterhuschen, was mich, warum auch immer, darin bestätigte, dem Leben des Monsters ein Ende zu setzen.

 Ich überholte den lahm gewordenen Oger sehr schnell und stellte mich vor ihn, auch wenn ich von hinten sicher eine bessere Stellung gehabt hätte. Ich wollte, daß er sein Ende sieht, oder hatte es doch einen anderen Grund, weswegen ich ihn unbedingt von vorne töten wollte? Hatte es etwas mit Ritterlichkeit zu tun, oder war es das pure verlangen, die Verzweiflung in seinen Augen zu sehen?

 Nach zwei gezielten Hieben war der Rest des Lebens in dem Oger verwirkt. Zuerst schnitt ich ihm seine Kniescheibe durch und nachdem er eingeknickt war, fand ich mein Schwert tief in seiner Brust wieder.

 Ich hatte meine erste Probe, meinen ersten Kampf überstanden, doch in diesen wenigen Minuten hatten sich viele Fragen in meinen Unterbewußtsein aufgetan. Vielleicht hätte ich im Tempel genügend Zeit dazu, alle Fragen zu klären.

 

Etwa 3 Tage später kam ich in Bastant an. Ich kehrte zunächst in eine Taverne ein, die sich in der Nähe des Tempels befand. Am nächsten Morgen ging ich dann zum ersten Male in einen Tempel. Er war wirklich herrlich ausgeschmückt, eine wahrhaft Prunkvolle Eingangshalle mit einer mindestens 15m hohen Kuppel. Ich bewunderte noch einige Minuten lang diese Halle, bis mich eine melodische Stimme aus meiner Hochschätzung der Halle riß.

 „Seid mir gegrüßt, Fremder. Mich freut es, daß euch dieser Tempel Torms gefällt. Mein Name ist Gunther von Vingaard, Höchste Hand Torms in diesem Tempel.“

 „Mein Name ist Sir Branoth von Loradel, Herr. Ich bin hier, um etwas herauszufinden, es hängt eng mit meiner Wenigkeit und der heiligen Persönlichkeit eures Gottes zusammen.“

 Sehr höflich bot mir die höchste Hand ein Gespräch mit ihm an. Als ich ohne zu zögern einwilligte, bat mich mit ihm in sein Konferenzzimmer zu kommen, später sollte ich ihm dann meine Geschichte erzählen. Ich erzählte ihm alles, von Anfang an.

 „Es war die richtige Entscheidung, hierher zu kommen, so viel kann ich euch sagen, doch nur die Zeit wird wirkliche Antworten bringen können. Doch denke ich, daß ihr diese Antworten, nach denen ihr sucht, am besten in einem Tempel meines Herren finden werdet. Ich biete euch ein Zimmer mit einem unserer Anhänger, welcher hier wohnt an und ihr könnt hier solange wohnen, bis ihr die gesuchten Antworten gefunden habt.“

 „Danke, Herr. Euer Angebot ist unwiderstehlich. Ich denke, ich nehme es an.“

 „Eine kleine Gegenleistung ist jedoch vonnöten, wenn ihr hier tatsächlich einziehen wollt, und zwar müßt ihr mit Eifer und Spaß die Glaubensbücher des wahren Priesterkultes, des Tormkultes, lernen und studieren. Wenn ihr das, sowie das Gehorsam einhaltet, werdet ihr hier solange leben können, wie ihr wollt.“

 „Es wird mir eine große Ehre sein, in diesem Tempel Torms, des Tapferen, hausen zu dürfen.“

 Einige Minuten später hatte ich schon alle meine Habseligkeiten und mein Pferd auf das Tempelanwesen gebracht, dann kam ein Priester, in blaue Gewänder gekleidet, zu mir und führte mich zu meinem Zimmer.

 Auf dem Weg sagte er mir, daß ich noch einen Zimmergenossen hätte, der Calford hieße. Ich war sehr gespannt auf meinen Zimmerkollegen und hoffte, daß er einigermaßen nett war.

 Als ich in das Zimmer kam, war ich angenehm überrascht. Er war sehr groß und kräftig für einen Menschen, hatte mittellange, schwarze Haare und trug einen blauen Umhang, wie jeder hier in diesem Tempel. Auf Anhieb verstanden wir beide uns sehr gut. Er sagte mir, daß er später einmal ein Priester oder ein Kleriker werden wollte, und darum hier in diesem Tempel sei. Auch ich erzählte ihm meine Geschichte, weswegen ich hier war.

Damals war ich sehr offen, wahrscheinlich, weil ich noch nie einen bösen Menschen kennengelernt hatte.

 In den folgenden Tagen lernte ich den Tempel, seine ihm innewohnenden Kunstwerke und die Menschen in ihm sehr gut kennen. Schon in der ersten Woche hatte ich zwei Bücher über den Glauben Torms durchgelesen und auch in den täglichen drei Gottesdiensten gewann ich immer und immer mehr gefallen an dem Klerus. Doch vor allem faszinierten mich die Anhänger- und Priesterschaft. Sie waren mir gegenüber weder hochnäsig, noch unfreundlich. Das gefiel mir und überraschte mich zugleich, denn ich hatte bei meiner Mutter und bei meinem Vater gelernt, daß man alles, was unter einem steht, mißachten sollte, es sei denn, der Bauernmensch habe besonderes geleistet. Diese Einstellung fand ich schon nach der ersten Woche vollkommen überzogen, denn jeder Mensch soll eine Chance bekommen und unter den gleichen Bedingungen gedeihen, wie andere, reichere Menschen auch. Der Tormkult zum
Beispiel hilft den Armen und Kranken der Stadt mit Monatlich bis zu 700 GM. Diese Summe bekommt er dadurch, daß bei jedem Gottesdienst die Gläubigen eine kleine spende geben, aber hauptsächlich durch die auf Abenteuer ausziehenden Priester, Paladine und Kleriker, die freiwillig bis zu 25% ihrer Einnahmen abgeben.

 Calford wurde mit der Zeit zu einem immer besser werdenden Freund. Wir unternahmen viel zusammen, z.B. suchten wir gemeinsam nach Büchern, die unser Herr brauchte in der großen Bibliothek unseres Tempels, Übungen im Kampf, in denen wir beide gleichwertig waren und ein paar Beteiligungen am Gottesdienst.

 Meine erste Antwort konnte ich mir bald schon selbst geben: daß ich keine Furcht hatte, hatte wohl damit zu tun, daß ich mich, unbewußt, in der Wiege Torms beschützt gefühlt habe.

 Anscheinend, so sagte es mir mein Lehnsherr, der Hohepriester des Tempels, waren die merkwürdigen Energien, welche den Oger letztendlich zur Flucht veranlaßten, eine Art Blitz. Und es stimmte, was er sagte. Ab und zu, als ich Calford freundschaftlich auf die Schulter klopfte, zuckte er ganz merkwürdig zusammen und stieß einen kleinen Schmerzensschrei aus, als ob ihm jemand eine Keule in den Rücken geschlagen hätte. Meine Hand leuchtete danach ganz komisch und sie umwirbelten merkwürdige „Kleinblitze“, welche eine Art Schüttelkrampf, so in etwa wie bei dem Oger, verursachten.

 

Nach etwa 2 Jahren stand mein Entschluß fest. Ich wollte unbedingt solch ein ehrenhafter und hingebungsvoller Priester werden, wie die höchste Hand. In der Umgebung, in der ich nun schon lange Zeit verbracht habe, habe ich viel über Ehre, Loyalität, Gehorsam und Pflicht, sowie über alle ritterlichen Aspekte des Lebens gelernt. Von diesem Zeitpunkt an wußte ich, daß der Weg, den ich nun versuchte einzuschlagen, der Richtige ist.

 Am selben Abend, an dem ich den Entschluß gefaßt hatte, träumte ich wieder einen Traum, der diesmal viel zu eindeutig war, um mißverstanden zu werden. Er zeigte ein charismatisches, ehrenhaftes Gesicht voller Zufriedenheit und Güte. Torm hatte sich mir zum ersten Male in meinem Leben offenbart!

 

Ich spürte immer mehr Energie in mir kochen, als ich zwei weitere Jahre studierte, die aus meinem Körper heraus wollte.

 Ein halbes Jahr später betete ich bei meinem Gott um Zauber, die mir auch sofort gewährt wurden. Meine Priesterweihe stand kurz bevor. Doch es sollte vorerst nicht dazu kommen...

 Eine riesige Horde von Untoten hat die Stadt Glücksland von der Seeseite her angegriffen und ist auf dem besten Weg, Glücksland und damit auch die weiten Gebiete dahinter einzunehmen. Ich wurde mit einer Schar von 150 Priestern und Anhängern Torms auf Mission geschickt wurde, Glücksland zu helfen. Wir alle hofften, daß wir noch rechtzeitig ankommen würden...

 Doch der Anblick, den wir ertragen mußten, war überwältigend. Tote lagen überall auf der Straße herum und verwesten langsam. Es hatte schon seit Wochen geregnet und das Blut ist in jede erdenkliche Ecke gelaufen. Fast alle Frauen und Kinder aus Glücksland haben die Stadt verlassen, doch die Männer sind geblieben, um ihren Angehörigen den Rückzug zu decken. Auf jedem Hausdach waren Bogenschützen postiert und lauerten auf eine gute Schußgelegenheit. Wir sind gegen nachmittag angekommen, daher wurden wir nicht gleich in Kämpfe mit den Bestien verwickelt. Als es dämmerte, wurden wir darüber informiert, wie es um die Stadt steht. Jede Nacht werden die restlichen Truppen von niederen Untoten attackiert und in schwere Kämpfe verwickelt. Die Zahl der Horde steigt fast minütlich und die der Verteidiger sinkt unaufhaltsam. Es gab kaum noch Hoffnung für Glücksland. Wir gaben der Stadt noch einen Tag, doch aufgeben ist ein Fremdwort bei den Tormanhängern, wir alle würden bis zum Letzten kämpfen, wenn es darauf ankäme. In unserer Gruppe waren sehr mächtige Priester, Kämpfer und Zauberer. Ich war recht zuversichtlich, daß wir den Untoten empfindliche Verluste zufügen konnten.

 Doch schon nach einigen Stunden war ich in einen sehr heftigen Kampf mit diversen Zombies verstrickt. Sie waren zwar nicht mächtig, nein, im Gegenteil, ein Hieb mit dem Schwert tötete meist einen Gegner, doch waren sie sehr zahlreich. Überall am ganzen Himmel sah man brennende Pfeile durch die Luft sausen und man hörte aus jeder Ecke einen Schrei. Der Anblick war gräßlich: Der Feind schlug sich immer mehr durch unsere Reihen und wir konnten nichts dagegen tun. Flammenschläge von den mächtigeren Priestern und Klerikern aus unserem Verband schossen auf die Untoten nieder, Schwerthiebe schlugen sie in Fetzen und brennende Pfeile senkten sich in ihr bereits verstorbenes Fleisch oder in ihre Knochen. Ich kann nicht mehr sagen, wie viele Feinde der Menschheit heute Abend gestorben sind, unser Kampfverband hat bestimmt an die dreizehnhundert Skelette und Zombies vernichtet, doch all diese, so hofften wir, nun endgültig Toten wogen den Verlust an Menschenleben nicht auf, die in dieser dunklen Stunde ihr Leben lassen mußten.

 Auf einmal hörte ein Mensch, der zu der verbliebenen Streitmacht von der einst so blühenden Stadt Glücksland zählte, auf zu kämpfen und starrte seinen Gegner, einen Zombie, an und wisperte: „Sargas, bist Du es?“ Dieser Zombie hatte solch einen Umhang an, der für Glücksland typisch war. Gab es auch böse Priester, die die gefallenen Toten auferweckten und sie zu Zombies machten? Auf einmal wurde mir die Antwort klar, als wir bis zum Leichenberg zurückgedrängt wurden, wo die Streitkräfte aus Glücksland ihre Toten hinbrachten, weil sie keine Zeit dazu hatten, ihre Kameraden ordentlich zu begraben. Der Leichenberg war leer. Alle Gefallenen sind also wieder als Untote Scheusale auferstanden! Jetzt wurde mir erst bewußt, wie sinnlos wir hier unser Leben aufs Spiel setzten. Die Menschen, die damals ehrenvoll im Auftrag des Guten ihr Leben verloren, haben unwissentlich die Armee der Finsternis verstärkt und ihren Landsleuten geschadet. Ich kämpfte mir den Weg bis zu unserem Kommandeur vor, der gerade 4 Skelette in Schach hielt. Ich sagte ihm, was ich bemerkt hatte und er ließ sofort zum Rückzug blasen. Zuerst ließen wir die Menschen aus Glücksland ziehen, nachdem wir ihnen kurz die Sinnlosigkeit des Kampfes mitteilten, dann haben wir versucht, den Rückzug zu decken, indem wir niederen Untoten befahlen, enge Gassen und breite Straßen zu bewachen, wozu wir unsere heiligen Symbole und die Kraft unseres Gottes benutzten. Diese Strategie hatte Erfolg, doch mußten wir uns sputen, um noch ohne einen Zwischenfall aus der Stadt herauszukommen.

 Ich beschloss, sofort zu meinen Eltern zu reiten, die ja nicht sehr weit von hier eine Grafschaft namens Loradel hatten. Ich bat meinen Offizier um die Freilassung aufgrund meiner mir so teuren Eltern, der sofort und ohne zu zögern einwilligte. Ich sagte ihm, daß ich an jedem Haus halt machen würde, um sie zum Aufbruch zu animieren, ich wollte ihnen sagen, daß Glücksland an die Untoten verloren war. Der Offizier wünschte mir viel Glück und gab mir den Segen Torms mit auf den Weg.

 

Ich konnte ein ganzes, wenn auch kleines, Dorf vor der nahenden Armee warnen, die sich nach einer einminütigen Konferenz dazu entschlossen haben, sich zu der nächsten befestigten Stadt Bastant aufzumachen. Auch sie haben auf ihrem Weg andere Dörfer gewarnt.

 Als ich zu meinen Eltern zog, erlitt ich einen schweren Schock: anscheinend hatte es die Flanke der Untoten Armee schon geschafft, bis hierher vorzudringen. Das Schloß war zu einer Gespensterburg geworden! Als ich die schwere, eisenbeschlagene Tür aufmachte, kam mir gleich der Gestank der Untoten in die Nase. Ich sprintete so schnell es ging in die Privatgemächer meiner Eltern und entdeckte die beiden Leichen. Sie mußten noch nicht sehr lange tot sein, weil sie noch keine Zombies geworden sind.

 Ich bestattete sie noch in der gleichen Nacht und verbrannte sie beide im Namen Torms und schwor, daß ihr Tod nicht unbezahlt bleiben würde...

 

In diesem Krieg entwickelten sich meine priesterlichen Fähigkeiten sowie meine Kampfkunst rasch. Ich half überall, wo Not am Mann war und versuchte, eine Art Seelsorge für die Menschen zu sein, die Familienmitglieder verloren hatten. Ich bin der Meinung, daß jeder Mensch, mit dem ich sprach, gestärkt aus dem Gespräch herauskam. Auch bekämpfte ich die Untoten und später auch die Tanar’ri wo ich nur konnte und schlug sie in zahlreichen Gefechten.

 Alle diese guten Taten während des Krieges wurden belohnt: Eines Tages, ich war gerade dabei, einen Schwerverwundeten mit meinen Zaubersprüchen zu versorgen, erschien eine wahre Lichtgestalt eines Menschen in dem Lazarett. Er trug einen glänzenden Prunkharnisch und in seiner Schwertscheide auf dem Rücken steckte ein riesiges Zweihandschwert. Er hatte ein Tormsymbol um den Hals hängen, einen wohlgeschnittenen Bart, kurze Haare und ein vor Güte strotzendes Gesicht, welches ich niemals vergessen werde. Er ging auf mich zu und mein Herz pochte wie wild.

 Mit einer wohlklingenden Stimme sagte er zu mir: „Ich hörte, daß ihr in diesem Konflikt zwischen Gut und Böse sehr große Taten vollbracht habt, obwohl ihr noch sehr jung seid. Ich möchte diesen Einsatz nun belohnen. Ihr wißt sicher, was ein Paragon des Torm ist. Ich denke, daß ihr wie geschaffen für die Rolle eines solchen Ausnahmemenschens seit. Möchtet ihr diese Gnade annehmen und euch für immer in die Dienste Torms stellen, die Loyalität, das Gehorsam, sowie die Pflichten überall auf der Welt fördern und allen Menschen ein Vorbild sein?“

 „Ja, Herr. Ich tue es mit all der mir innewohnenden Kraft und mit der Hilfe des wahren Gottes Torm.“

 „So schlage ich euch hiermit zu einem Paragon. Ich wünsche mir, daß ihr den hohen Anforderungen dieses Titels genügen werdet. Macht einfach so weiter, wie ihr es bereits begonnenen habt.“

 „Ich danke euch, Herr. Ich werde euch und Torm nicht enttäuschen und ihm in guten, wie in schlechten Zeiten zur Seite stehen und stets das Gute fördern und verteidigen.“

 Bevor ich ihn fragen konnte, wie er hieße, war er schon wieder verschwunden. Auch an den nächsten Tagen war er auf dem ganzen Gelände nicht wieder zu finden. Doch ich mußte mich mir etwas viel wichtigerem befassen.

 Mein bester Freund Calford erkrankte an einer sehr schweren Krankheit, die womöglich von den Untoten in Glücksland verursacht wurde. Ihm ging es von Tag zu Tag schlechter und er klagte über heftige Schmerzen. Für einige Tage ließ ich mich von  dem Lazarett befreien und widmete die mir innewohnenden Kraft einzig und allein Calford. Ich versuchte ihn mit meiner neuen Kraft, Krankheiten zu heilen, von seiner Krankheit zu befreien, doch nutzte sie ebenso wenig wie die Heilsprüche, die ich auf ihn anwendete. Ich wußte, ihn konnten nur noch die Götter retten, und ich betete für ihn. Es sollte sich später tatsächlich in schrecklicher Weise bewahrheiten...

 Ein Psi - Meister von unserem Nachbarkontinent sprach von einer Schlußoffensive, die gestartet werden sollte. Elfen, Menschen und Zwerge sollten sich vereinigen und miteinander gegen den drohenden Untergang der Welt kämpfen. Sofort wurde es von unseren verbündeten Psi - Meistern weitergeleitet und ein Plan mit ihnen entwickelt.

 

Wie besprochen zogen wir uns zurück zu dem Grat der Welt, wo die Zwerge bereits mit dem Präparieren des vermeintlichen Schlachtfeldes begonnen hatten. Als wir angekommen sind, war das kleine, bärtige Volk schwer am arbeiten und band uns auch sofort in ihre Pläne ein. Wir errichteten Wachtürme, kleine Steinwälle und besprachen die endgültige Strategie, die wir in dieser entscheidenden Schlacht anwenden wollten, als die Elfen eintrafen.

 Mein Beisein bei der Besprechung sollte nicht von allzu langer Dauer sein, weil ein Bote in die provisorische Besprechungshalle kam und mir von der Genesung Calfords berichtete. Ich bin sofort zu ihm gelaufen, um zu erfahren, welche Ereignisse und Mächte an der Gesundung meines treuen Freundes mitgeholfen hatten.

 Als ich in das Krankenlager kam, sah ich Calford und sah ihm in die Augen. Er war sehr munter, jedoch zehrte die Krankheit noch immer an ihm, was an seiner Blässe zu sehen war. Er sagte mir nur, daß er auf einmal keine Schmerzen mehr hatte und das er sich nicht so unendlich schwach fühlte. Es sei auf einmal einfach vorbei gewesen. Ich freute mich unendlich, wollte dieses Ereignis jedoch nicht weiter feiern, da ja die wichtige Besprechung noch in Gange war. Jedoch sagte Calford, daß er nicht mitkommen wollte, da er sich noch sehr schwach fühlte.

 Die Zusammenkunft verlief weithin sehr gut, sogar die Elfen und Zwerge stritten sich nicht bei jedem Satz. Sie wußten wohl, warum sie hier tatsächlich zusammengekommen sind; schließlich stand das Schicksal der Welt auf dem Spiel.

 

Als die Nacht schon halb vorüber war, lief eine Wache über den Hof und schrie, daß der Zwergenkönig ermordet wurde. Man fragte ihn natürlich zuerst, wer das getan haben konnte, doch wußte die Wache auch nicht, wer oder was es getan haben könnte. Wir konnten bis dahin nur vermuten, was dieser Mord für Folgen haben könnte, und unsere schlimmsten Vermutungen bewahrheiteten sich. Eine Truppe von einhundert kampfbereiten Elitekriegern mit etwa doppelt so vielen Anhängern kam zum Kampf gerüstet in unser Lager und forderte, daß wir ihnen und ihren Freunden helfen, die Elfen zu vernichten, da sie nach Meinung der Zwerge die Schuld dafür trugen, daß ihr König ermordet wurde.

 Dieser heftigen und äußert übereilt getroffenen Schuldzuweisung konnten wir, die Menschen, selbstverständlich nicht zustimmen und drängten auf eine Niederlegung der Waffen, doch die Zwerge ließen nicht mit sich verhandeln. Gerade, als die Zwerge zum Aufmarsch gegen die Elfen aufbrachen, kam ein anderer Bote in unser Lager und rief aus, daß die Elfenkönigin ermordet wurde, mit einer Axt, die ihr im Brustkorb steckte.

 Das Erschreckende an dieser Nachricht war die Reaktion der Zwerge darauf. Sie lächelten sichtlich unter ihren Bärten. Auf den ersten Blick war nicht zu übersehen, daß es eindeutig darauf hinwies, daß die Elfenkönigin von Zwergen ermordet wurde. Doch ich hatte einen ganz anderen Verdacht...

 Doch ich hatte nicht viel Zeit, um meine Vermutung zu bestätigen. Die elfischen und zwergischen Krieger marschierten schon aufeinander los und vergaßen dabei vollkommen die Gefahr für die Welt.

 Ich jedoch ging nicht mit den anderen Menschen, um den Streit zwischen den beiden Völkern zu schlichten. So leise wie möglich ging ich durch das nun viel leerer gewordene Lager, geradewegs auf das Quartier der Generäle unserer Streitmacht zu. Dort sah ich nun, fast wie erwartet, Wachen vor dem Zelt, die auf dem kalten Boden lagen. Ich überprüfte nun, ob sie noch lebten und sprintete in das Gemach von meinem Anführer. Ich sah eine Gestalt in tiefschwarzer Robe, die sich gerade damit beschäftigte, ein wundersames Pulver über den Befehlshaber zu streuen. Ich versuchte es mit einem Schrei zu verhindern und es funktionierte tatsächlich. Die schwarze Robe drehte sich zu mir um und zog ein Schwert aus ihrer Scheide. Sie griff mich ohne zu zögern an.

 Es wurde ein sehr heftiger und ausgeglichener Kampf, in dem der seltsame Mann genauso auf seine Deckung achtete, wie ich auf meine. Der Feind kannte alle meine Finten, die ich jemals gelernt habe. Keiner konnte lange Zeit einen Vorteil erzielen. Plötzlich hob sich seine Kapuze und ich sah seine wahre Identität. Es war Calford!

 Ich sank beinahe zusammen, so sehr zitterten meine Knie. „Warum gerade Du, Calford?“

 „Du bist doch sonst nicht so dumm. Alle guten Götter hätten mich einfach an dieser Krankheit verrecken lassen, doch Cyric, der Erlöser, zeigte erbarmen mit mir. Er erhörte meine Gebete und gewährte mir die so lang ersehnte Macht, die ich von Torm niemals erhalten hätte. Ich mußte nur einen kleinen Preis für meine Gesundheit zahlen. Ich mußte lediglich einen kleinen Konflikt zwischen der guten Armee anstacheln, damit sie nicht die Tanar’ri besiegen kann. Es war ja gar nicht so schwer, die ohnehin schon brüchige Allianz zu schwächen. Mittels eines kleinen Pulvers, was mir verliehen wurde, schläferte ich die Wachen ein und der Rest war ein Kinderspiel. Der Zwergenkönig starb durch einen vergifteten Dolch, so ganz nach Elfenart, und die ehrwürdige Königin durch eine schwere Zwergenaxt, die ich einer Zwergenwache abnahm. Ich finde, das war ziemlich schlau von mir, nicht wahr?“

 „Wie konntest du uns allen nur so etwas antun? Ich werde dich vernichten. Selbst dein so teurer Gott Cyric, der schändlichste den es überhaupt gibt, wird dir nicht mehr helfen können.“

 Erneut griff ich ihn mit meinem Schwert an und zwang ihn in die Defensive. Er verhöhnte mich, doch es sollte sein letztes Lachen auf dieser Ebene werden. Er konnte meiner Wut und meiner Entschlossenheit nichts entgegensetzen und ich verspürte nicht das geringste Gefühl des Mitleides, als ich ihn das erste Mal traf. Er sackte kurz zusammen, doch kämpfte er weiter und wehrte meine nächsten Hiebe geschickt mit dem Schild ab, doch mußte er kurz darauf wieder einen schweren Treffer an seinem Bauch hinnehmen. Seine Angriffs- und Verteidigungsversuche wirkten nun schon nicht mehr so gekonnt wie noch zu Beginn des Kampfes. Mit Leichtigkeit traf ich ihn einige weitere Male, als er auf den Boden sank...

 Ich schwang meine mächtige Klinge zu dem letzten Hieb gegen meinen einstigen Freund, der Hochverrat an der ganzen Welt verübte, weil er der Gier nach Macht nicht widerstehen konnte. Er hob zum letzten Male sein Schild vor seinen Körper, doch ich schlug daran vorbei und fügte ihm die letzte Wunde seines Lebens zu.

 Auf einmal wurde mir ganz neblig um die Augen, es mußte an dem noch herumschwirrenden Pulver liegen. Dann kam eine Wache aus dem Nebenzelt und fragte mich, was hier geschehen war, doch ich sagte ihm nur folgendes: „Schnell, bringt dieses Pulver zu den Elfen und zu den Zwergen und fragt sie nach den näheren Begebenheiten, die bei dem Tode ihrer ... Führer waren, vor allem j...jedoch, o...b....die Wache..n eingeschläfert wwwurden, oooder n...n...nicht..“

 Für die nächsten zwei Tage bin ich aufgrund dieses verfluchten Pulvers zum Schlaf verurteilt gewesen und so verpaßte ich den wichtigsten Tag meines Lebens. Wie gerne hätte ich auf dem Schlachtfeld, wo edle Menschen, Elfen und Zwerge gemeinsam gegen die bösen Wesen des Abgrundes kämpften, mein Leben für das Gute gelassen und wäre zu meinem Gott gekommen!?!

 Die sich wieder einig gewordenen Völker schlugen die Tanar’ri glorreich und verbannten sie auf ihre eigene Ebene zurück. Das Leben mußte weitergehen und die zerstörten Städte mußten wieder aufgebaut werden. Ich wollte aus dem Schloß meiner Eltern eigentlich einen neuen Tormtempel bauen, doch wurde aus meinem Plan nichts, da das Schloß, aus welchem Grund auch immer, abgebrannt war. Also spendete ich das Land den Bauern, die ihre Felder auf dem vermeintlichen Schlachtfeld bei Bastant verloren hatten.

 Als ich dann zu meinem Heimattempel nach Bastant zurückgekehrt war, empfingen mich die Priester und Kleriker ehrwürdig und ehrten alle meine herausragenden Leistungen auf dem Schlachtfeld von Bastant. Jeder wollte mir Geschenke überreichen, doch wies ich sie mit den Worten ab, daß jeder aus diesem Tempel dasselbe getan hätte, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte.

 

Ein ¾ Jahr half ich noch bei dem Wiederaufbau von Bastant, als es in der Stadt nichts mehr zu helfen gab. Nun wollte ich auf Abenteuer ausziehen; es ist schon seit meiner Kindheit ein Traum für mich gewesen. Als ich eine Gruppe, angeführt von einem großgewachsenem Krieger in einem schönen Feldharnisch sah, sah ich meine Gelegenheit gekommen...